Einführende Worte des Künstlers:
Ein Motiv aus dem Leben gegriffen ist rational gesehen erst mal tot und technisch – aber darin befindet sich auch die mentale lebendige Welt.
Das reproduzierte Bild wird zum Träger menschlicher Befindlichkeiten und zur Projektionsfläche für den Betrachter, dessen innere, individuelle und empirische Realität das Gesehene modifiziert. Das heißt der Rezipient identifiziert sich mit dem Bild – was aber nie bruchlos gelingt.
Meine Arbeiten zeigen Sequenzen aus dem Alltag, die Stimmungen in Gesichtern und Körperhaltungen spiegeln – der Augenblick wird konserviert, die Zeit wird angehalten und bleibt dennoch im Erwarten des nächsten Zeitabschnitts dynamisch.
Zum Beispiel in der freudigen Erwartung auf die Ankunft am Urlaubsort (Amelie und Ini auf der Fähre), die Anspannung beim Schreiben der Schulaufgabe, wie viel Zeit habe ich noch (Anna schreibt eine Schulaufgabe im Fach Englisch), der Patient muss die ambulante Behandlung abwarten und hofft auf baldige Genesung (Notaufnahme), auf dem Parkplatz vertreibt man sich die Zeit mit dem Handy und wartet auf den Rest der Familie, der sich beim Einkaufen im Coop Zeit lässt (Eveline und Fenna in Portoferraio).
Solche Gefühle sind uns vertraut. Jeder kann diese Gefühlserfahrungen beim Anblick der Arbeiten auf das jeweilige Bild übertragen, ohne aber unmittelbar im Hier und Jetzt des Alltags mit seinen alltäglichen Interessen und Befindlichkeiten involviert zu sein – die Gemütsbewegung bleibt distanziert.
Bei vielen Bildern dieser Ausstellung dient mir als Basis die Fotografie. Dies hat zur Folge, dass der Betrachter sich bereits im Inneren des Bildes befindet, bevor er realisiert wie abstrakt und reduziert es ist. Die Kriterien, die für ein gelingendes Urlaubsfoto üblicherweise maßgeblich sind – der Wert des Abgebildeten und die Qualität der gegenständlichen Erkennbarkeit – spielt für mich keine Rolle.
Eine Wiedergabe bis ins kleinste Detail verhindern schon die Malmaterialien, die ich verwende und wie ich damit umgehe. Vor dem Arbeitsprozess wird die komplexe visuelle Außenwelt gefiltert und adäquat auf die malerischen Substanzen, Mittel, und Verfahren abgestimmt.
Ich verwende kein Raster und projiziere auch keine Vergrößerung der Fotografie auf die Leinwand. Oft dient mir nur das Handy oder Tablet als Vorlage.
Während des Malens steuern Entscheidungsketten die Bildentstehung – kalkulierend-rationale und intuitive Phasen wechseln sich ab, treiben voran oder auch nicht. Es ist ein Balanceakt die Kontrolle über die darstellende, expressive und emotionale Bedeutung der Szene zu behalten. Wenn Kontrast, Angleichung, Farbe, Form, Idee, Inhalt, Ordnung und Zufall (Serendipität) sich allmählich zu einer bildlichen Ganzheit fügen, dann ist das Ziel in greifbarer Nähe.
Zu wissen, wann man aufhört oder weiter macht, ohne allzu kontrolliert und bestimmend zu sein, ist eine Frage, die mitten ins Herz des künstlerischen Ausdrucks trifft (Erik Fischl).