„retro.Senger – Ausstellung zum 90. Geburtstag

Eröffnung der Ausstellung am Freitag, dem 1. Juli 2016 um 18 Uhr

  • Begrüßung: Barbara Muck, Leiterin der Galerie
  • Einführung: Gabi Senger-Peischl und Bettina Senger sprechen über Leben und Werk
  • Musik: Theresa Kiemer, Violine, und Jakob Noll, Violoncello
  • Eröffnung: 1. Bürgermeister Hans-Peter Baumann

Ausstellungsdauer bis 11. September 2016

Öffnungszeiten:
sonntags von 14 bis 16 Uhr
am Wiesenfest-Sonntag (17. Juli 2016) von 14 bis 17 Uhr und
am Stadtfest-Sonntag (28. August 2016) von 14 bis 17 Uhr
oder nach telefonischer Vereinbarung mit der Stadtverwaltung, Tel. 09284 /933-31

Ausstellungsdauer bis 11. September 2016

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Rede zur Eröffnung von Tochter Gabi Senger-Peischl:

Adrian Senger hat in seinem langen Leben ja schon viele Ausstellungen gemacht. Die letzte hatten meine Schwester und ich 2012 im Botanischen Garten in Bayreuth. Zuvor hatte unsere Mutter den Großteil der Ausstellungen organisiert. An der Litfaßsäule können Sie sich einen Überblick ver­schaf­fen, über einige Ausstellungen die stattgefunden haben. Da hängen einige alte Plakate, die wir noch gefunden haben.

Ich will von vorne beginnen:
Arthur Senger wurde 1926 in Maidbronn bei Würzburg geboren.
Sein Vater war Hilfsarbeiter und bewirtschaftete mit der Familie einen sehr kleinen Hof. Nach der Volksschule bekam er eine Lehrstelle bei der Firma Menna in Würzburg und wurde zum Kirchen­maler und Restaurator ausgebildet. Er hatte großes Glück mit seinem Lehrmeister. Dieser kaufte ihm, dem kleinen Lehrling, eine Zeichnung für 100 Mark ab. Dabei muss man wissen, dass sein Vater damals 40 Mark in der Woche verdiente. Dieser Meister war es auch, der ihm später die Kunst­akademie empfahl.

Nach dem Krieg(sdienst) bewarb er sich an der Akademie der bildenden Künste in München. Er studierte erst bei  Prof. Dickreiter, später bei Prof. F.H. Ehmke und Prof. E. Preetorius. Danach war er als Graphiker für verschiedene Firmen und Verlage tätig, er machte z.B. auch Buchillustrationen.

Bei Giesecke & Devrient  begann er mit Wertpapiergraphik. Von dort aus ließ er sich 1959 nach Mailand vermitteln und bekam eine Stelle als Entwerfer bei der Fa. Giori. Diese Firma konstruiert Maschinen für den Banknotendruck.

Er entwarf nach einer Einarbeitungszeit Banknoten für viele Länder. 1961 heiratete er Lore Fickert, die er in der Kunstakademie kennengelernt hatte und zog mit ihr nach Mailand und wenig später nach Carnate, einem Vorort von Mailand.

1971 zogen wir mit der Familie nach Schwarzenbach, in das Haus der Schwiegereltern.

Als freischaffender Maler und Graphiker machte er sich zunächst selbständig. Zeitweise hatte er einen Lehrauftrag an der Fachhochschule Coburg für künstlerische Gestaltung bei den Architek­turstudenten. Ebenso gab er Kunstunterricht an der Fachoberschule in Hof.

Seine vielfältigen Arbeiten reichen von der Kleingraphik, Aquarellen, Acrylbildern, Linolschnitten bis hin zu Wandmalereien und Fassadengestaltung. Wobei seine größte Leidenschaft in den Land­schafts­aquarellen zum Ausdruck kommt.

1978 bot ihm die Fa.Giori–De la Rue die Mitarbeit an, von Deutschland aus. So wurde er zum Pendler zwischen Lausanne in der Schweiz, dem Hauptsitz der Firma und Schwarzenbach. Er war dann 2 – 3 Monate in der Schweiz bzw. bereiste die Länder für die er Entwürfe machte, um dann wieder für ein Vierteljahr zu Hause zu sein.
Er machte dann Entwürfe u.a. für Mexiko, Venezuela, die Türkei und Indien.
1986/87 bekam er mit zwei anderen Graphikern den Auftrag, für die neuen DM-Scheine Entwürfe zu machen, später auch für den Euro. Den endgültigen Auftrag bekam ein Vierter.

Das Malen in freier Natur war für ihn immer seine Methode, sich zu entspannen. Auch auf seinen Reisen entstanden viele seiner Aquarelle, sogar im Zug während der Fahrt.
Er selbst hat immer wieder seine Begeisterung zum Ausdruck gebracht, wie sehr er die Landschaft, die Schönheit der Natur, die Farben und das Licht liebt. Er beschreibt selbst: „Ich will die schönen Erlebnisse in der  Natur für den Betrachter so gestalten, dass die gleiche Begeisterung in ihm leben­dig wird. Ich sehe in der Natur das Vorbild. Sie ist immer wieder voller Wunder.“

Mit Prof. Eugen Gomringer veröffentlichte er das Buch: Wir verschweben – wir verschwinden.
1993 wurde ihm der Kulturpreis der „oberfränkischen Wirtschaft“ verliehen
und 2000 der Kulturpreis des Frankenbundes.
2006 erhielt er von Herrn Bürgermeister Alexander Eberl zusammen mit Alfred Richter die Stadtmedaille der Stadt Schwarzenbach verliehen.
Nach dem Tod seiner Ehefrau, unserer Mutter, im Jahr 2007 lebte er noch alleine bis 2010.
Seitdem wird er im 14- tägigen Wechsel bei seinen Töchtern Bettina Senger in Utting am Ammersee und bei uns in Vohenstrauß versorgt und gepflegt.

Im Januar hatte ich Gelegenheit, seine ehemalige Firma zu besuchen. Ich wollte mehr wissen, für welche Länder er gearbeitet hatte, welche seiner Entwürfe dann tatsächlich in den Umlauf gekom­men sind. Ehemalige Arbeitskollegen erklärten mir, dass die endgültigen Entwürfe jeweils in den Län­dern sind, die den Auftrag erteilt hatten. Sie sehen deshalb sozusagen nur Vorentwürfe im Original. In diesem Rahmen, sind oben Originalzeichnungen von Vorder- und Rückseite des 500- Rupien-Scheines, darunter sind Fotos der Zeichnungen für andere Vorschläge für den 500er Schein. Zwei Pausen habe ich mit eingelegt um einen winzigen Zwischenschritt zu zeigen… Ganz unten sind die echten Geldscheine, wie sie in den Umlauf kamen. Für Indien hat er allein die ganze Serie ge­macht.

In unserem Elternhaus habe ich nach tagelanger Sortierarbeit einen Umzugskarton voll mit Original­zeichnungen, Pausen, Kopien, Fotos mitgebracht, die ich jetzt einigermaßen nach Ländern sortiert habe. Ich bin ein Stück in das Leben meines Vaters eingetaucht und war sehr fasziniert, für wie viele Länder er gearbeitet hat, von denen ich nichts mitbekommen hatte.

Seine Wertpapierentwürfe haben wir so noch nicht ausgestellt (abgesehen von einer kleinen Aus­stellung im April dieses Jahres in der Sparkasse Vohenstrauß).

Sie sehen jetzt zwei völlig unterschiedliche Arbeitsweisen des Malers und Graphikers …
Die eine, das sind die Entwürfe für Geldscheine, damit hat er den Lebensunterhalt verdient.
Das war immer Terminarbeit am Zeichentisch bei künstlichem Licht mit Lupe, feinsten Pinseln und am Abziehstein gespitzten Farbstiftminen. Die andere, das sind die Aquarelle, die als Ausgleich in der freien Natur entstanden.

Wenn mein Vater gefragt wird, Herr Senger malen Sie denn noch?
Dann antwortet er immer: „Natürlich , davon leb ich ja!

Liste der Länder
zu denen Adrian Senger Entwürfe für Geldscheine gemacht hat:

Bangladesch (Bangladesischer Taka)
Belgien (Belgischer Franc-französisch, Frank-niederländisch, Franken-galt auch in Luxemburg (UEBL))
Deutschland (Deutsche Mark)
Ecuador (US-Dollar)
Europa (ECU und Euro)
Indien (Indische Rupie)
Iran (Iranischer Rial)
Israel (Israelischer Schekel)
Kolumbien (Kolumbianischer Peso)
Korea (Koreanischer Won)
Laos (Laotischer Kip)
Eritrea (Eritreischer Nakfa)
Mexiko (Mexikanische Peso)
Südafrika (Südafrikanischer Rand)
Saudi-Arabien (Saudi Riyal)
Türkei (Türkischer Lira)
USA (US-Dollar)

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Rede zur Eröffnung von Tochter Bettina Senger:

„Davon lebe ich doch“

Das Verständnis von Malen als Lebenselixier trifft für Adrian Arthur Senger ohne Einschränkung zu, selbst wenn er das in besagtem Ausspruch nicht vorrangig gemeint haben mag.

Die Kunst ist sein Lebenselixier: das geht so weit, dass er bis heute jeden Tag etwas zeichnen, malen oder gestalten will und denjenigen Tag als verlorenen Tag sieht, an dem ihm das nicht mehr gelingt. Das, was jetzt noch entsteht, lässt aber durchaus den alten Schwung erkennen, die Farb- und Formsicherheit, die unersättliche Leidenschaft. Und entsprechend finden sich die alten Themen und Motive wieder, auf eine veränderte Art zwar, aber dennoch entdeckbar.

Während der Vorbereitung dieser Ausstellung hatte ich meine Freude daran, beim Sichten der unzähligen Werke einige immer wiederkehrende Elemente zu entdecken, quer durch das gesamte Schaffen, egal ob es dabei um Graphik oder Malerei, freie Arbeiten oder Auftragsarbeiten, lupengenaue Wertpapierentwürfe oder großflächige Fassadengestaltung, frühe oder späte Arbeiten ging. Eigentlich war ich auf der Suche nach dem künstlerischen „roten Faden“, der sich durch das Werk zieht, an dem man eine künstlerische Entwicklung festmachen und aufzeigen kann, wie man sich das eben für eine Retrospektive wünscht. Ich habe keinen Faden gefunden, sondern ein Netz. Ein Netz von Bezügen, Zusammenhängen, Verbindungen, durchaus dazu geeignet, sich darin zu verheddern, aber gleichzeitig immer wieder gut für das beglückende Erleben, dass alles zusammenhängt, dass alles – wenn auch über viele Knoten – miteinander verbunden ist, trotz der heterogenen Vielfalt.

Vor dem Hintergrund dieses heterogenen Werks passt es auch gerade gut, dass die Auswahl der Bilder, die ja exemplarisch für das Lebenswerk stehen sollen, von vier verschiedenen Personen getroffen wurde, also von Gabi und mir für eine Art Vorauswahl, und von Barbara Muck und Margit Hohenberger für die endgültige Auswahl, und dass mit uns vier Kuratoren mindestens fünf verschiedene Vorstellungen einer Ausstellungskonzeption zusammen kamen. Es passt deshalb so gut, weil auf diese Weise das eine oder andere Werk zu sehen ist, das wir Töchter als nicht typisch oder exemplarisch weggelassen hätten, und weil nun gerade dadurch diese Ausstellung eben doch exemplarisch ist: als Ganzes nämlich ist sie exemplarisch für die Vielfalt und Heterogenität von Sengers Schaffen.

Das Netz von Bezügen und Verbindungen, das diese Heterogenität zusammenhaltend umspannt, können Sie in verschiedener Hinsicht entdecken. Sie können, und dazu möchte ich Sie ausdrücklich einladen, von jeder Stelle in diesen Räumen mehrere Bilder in den Blick nehmen, selbst wenn sie zu ganz verschiedenen Themen- oder Motiv-Gruppen gehören, und Verbindungen entdecken. Und auch wenn sie die Räume wechseln und die Exponate nacheinander betrachten, werden Sie überrascht sein, wie die heterogene Vielfalt sich in ein zusammengehöriges Ganzes fügt.

Sie werden zum Beispiel das Ornament einer indischen Banknote auf dem Dekor einer Porzellankanne wiederfinden, oder die Art der Linienführung, wie sie der Hintergrund einer Banknote verlangt, in den bis heute entstehenden schwingenden Farbenspielereien erkennen. Vergleichen Sie auch, wie in einem der typischen Landschaftsaquarelle ein weiter Ausblick entsteht, eingerahmt von Wolken und schmalem Horizont, und wie in einem thematisch und technisch völlig unterschiedlichen Werk aus der Gruppe der Saalebilder das Laub und die Zweige den Rahmen bilden und so in Hinblick auf die Art, wie Tiefe geschaffen wird, ebenfalls ein verbindender Bezug entsteht. Betrachten Sie weiterhin die Farbigkeit eben dieser Saalebilder und entdecken Sie die gleiche Farbigkeit zum einen in den Parklandschaften, die vor über 50 Jahren in Italien entstanden sind, zum anderen in einem der jüngsten Aquarelle, das wir „Zauberwald“ genannt haben. In den Blüten- und Gartenaquarellen schließlich werden Sie auch Querverbindungen zu ganz anderen Bereichen finden. Als letztes Beispiel sei dafür die Iris genannt, die so adrett eine zweite Blüte nach oben reckt, zeigt sie doch den gleichen Schwung wie das abstrakte „Flugobjekt“, das bei der Wertpapiergraphik hängt.

Ich lade Sie also ein, gehen Sie auf Entdeckungstour, genießen sie die Bilder – sowohl ein jedes einzeln für sich, als auch in dieser Gesamtheit, wie sie nur eine Ausstellung bieten kann – und erfreuen Sie sich an dem Gefühl, das die Retrospektive auf ein künstlerisches Schaffen viel besser vermitteln kann als die Retrospektive auf ein Leben: das beglückende Gefühl, dass alles zusammen gehört und zusammen passt und in der Gesamtheit seinen Sinn findet. Viel Vergnügen!

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