Herzliche Einladung zur Eröffnung der Ausstellung
Filz und Fisch: Haut.Nah – Objekte aus Filz und Fischleder
von Irene Reinhardt, Coburg
am Freitag, dem 12. Januar 2018 um 18 Uhr
Begrüßung
Barbara Muck – Leiterin der Galerie
Musikalische Umrahmung
Weltmusik-Trio der Musikschule der Hofer Symphoniker
Pauline Prüfer | Maria Elena Shokova | Jonathan Hoffmann
Einführung
Karlheinz Kipke – Vorstandsvorsitzender VR-Bank Coburg eG
Eröffnung | Hans-Peter Baumann
1. Bürgermeister der Stadt Schwarzenbach an der Saale
Ausstellungsdauer bis 18. Februar 2018
geöffnet sonntags von 14 bis 16 Uhr
oder nach telefonischer Vereinbarung mit der
Stadt Schwarzenbach an der Saale, Tel. 09284 / 933-31
Bildausschnitt: „eingefroren“ | 2017 | 140 x 95 cm | Filz und Fischleder
www.filzkünstlerin.de
Info zur Ausstellung
FILZ und FISCH: Haut.Nah – Objekte aus Filz und Fischleder
Um das Wesen ihrer Ideen umzusetzen, nutzt Irene Reinhardt das Material Wolle, mit deren Verarbeitung zu Filz sie seit nahezu 20 Jahren experimentiert. In dieser speziell auf die Stadt Schwarzenbach an der Saale, die den Fisch im Wappen trägt, zugeschnittenen Ausstellung präsentiert sie Werke aus geformter Wolle vielfach in Kombination mit Fischleder. Die geschorene Wolle von der Haut der Schafe sowie die zu Leder gegerbte Haut von Fischen treten dabei trotz aller Gegensätzlichkeiten Haut.Nah in Verbindung.
Filz entsteht durch das Auslegen tierischer Haare, insbesondere Wolle verschiedenster Schafrassen, die mit warmem Wasser, Seife und intensiver Bewegung unentwirrbar miteinander verfestigt werden. Dabei schrumpft die Fläche zwischen 30 und 50 % seiner Ausgangsgröße. In der Hand des Gestalters liegt es, ob der Filz anschmiegsam und weich oder hart und stabil wird. Filz ist schalldämmend und feuchtigkeitsregulierend im Raum, wärme- bzw. kälteisolierend, wasserabweisend und schwer entflammbar. Die Energie der arbeitenden Hände wird direkt in das Werk geleitet.
Im Mittelpunkt der Filzobjekte von dicht gewalktem aber dennoch luftigem Filz steht die Ideenwelt der beweglichen Formen und der perfekten Nutzung des Materials.
Fischhäute fallen als Abfallprodukt in der Nahrungsmittelindustrie in großen Mengen an. Es ist eine große Herausforderung Einsatzmöglichkeiten für zu Leder gegerbter Fischhaut zu finden, bevor diese zu Fischmehl verarbeitet werden.
Objekte, die Eigenschaften von Land und von Wasser vereinen, sind ursprünglich, natürlich und künstlerisch höchst eigenständig.
Rede zur Eröffnung:
Filz und Fisch: Haut.Nah
Objekte aus Filz und Fischleder
Verehrte Freunde der Kunstgalerie Schwarzenbach an der Saale,
liebe Kunstfreunde,
sehr geehrter Herr 1. Bürgermeister Baumann,
sehr geehrte Frau Muck,
sehr geehrte Frau Reinhardt, liebe Irene!
Gerne unterstütze ich heute in Schwarzenbach an der Saale die inspirierende Mission der Filzkünstlerin Irene Reinhardt, denn die Bild- und Objektwelten, die sie seit Jahren schafft und die damit verbundenen Beobachtungen in neuartige Kunsterlebnisse, ziehen mich schon lange in ihren Bann.
Doch bevor ich näher auf die Künstlerin und ihre Werke eingehe, möchte ich kurz das Wort an den 1. Bürgermeister richten. So viel Zeit nehme ich mir gerne und wie ich finde muss es auch sein:
Sehr geehrter Herr 1. Bürgermeister Baumann,
Ihnen als Vertreter der Stadt Schwarzenbach möchte ich gerne sagen, wie sehr es mich beeindruckt, wie umfassend sich Ihre Stadt für die Kunst einsetzt und u.a. diese wunderschönen Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. Aber auch die sonstigen Rahmenbedingungen in Ihrer kleinen Stadt für Kunst- und Kulturschaffende sind schon mehr als außergewöhnlich und dieser Umfang ist sicherlich einmalig im Wirtschaftsraum. Mein Kompliment für diese umfangreichen freiwilligen Leistungen der kommunalen Daseinsvorsorge!
Nun zurück zu meiner eigentlichen Aufgabe in den nächsten Minuten!
…
Was macht nun gerade diese Kunst von Irene Reinhardt und damit auch den heutigen Tag hier zu etwas, zu einem besonderen?
In meinen Augen sind die Unikate aus selbst hergestelltem Filz und auch in Kombination mit Fischleder in ihren Erscheinungsformen innovativ und atemberaubend.
Viele werden sich fragen, wer ist denn nun Irene Reinhardt?
Markante Details über Ihre Vita finden Sie im Großformat zu Beginn der Ausstellung und Sie sehen mir bitte nach, dass ich diesen Teil in meinen Ausführungen auslasse. Inspirationen sind für die in Coburg lebende und arbeitende Filzkünstlerin die Themen des Lebens, Begegnungen, Gefühle und Stimmungen. Ich möchte nun gerne versuchen mit einigen Ausführungen, Ihnen einen Zugang zu ihren Werken der Filzkunst zu öffnen. Durch Ihre Ausstellung FILZ und Fisch: Haut.Nah – Objekte aus Filz und Fischleder gibt sie Einblicke in ihre experimentelle Herangehensweise. Als Filzkünstlerin sieht Irene Reinhardt ihre persönliche Hauptaufgabe darin, dass sie bei den Betrachtern Gedanken anstößt und animiert, ihre individuelle Toleranz und Empathie zu entdecken. Für sie ein wunderbarer Effekt.
„Filz und Fisch“ ist ein Wortpaar – ein Oxymoron – bei dem sich die beiden Begriffe auf den ersten Blick gegenseitig ausschließen. Etwas Unmögliches in nur zwei Substantiven auszudrücken. Sowohl beim Filz als auch beim Fischleder reden wir im übertragenen Sinne von der Haut eines Tieres. Beide sind also im lebenden Zustand dem Schaf bzw. dem Fisch sehr nah, mit ihm verbunden. Diese beiden Materialien werden nun trotz aller Gegensätze Haut.Nah in Verbindung
gebracht.
Die heute hier sichtbaren Ergebnisse werden durch das Material Wolle in Kombination mit Fischleder deutlich bestimmt. Dabei sollen die Rollen der Wolle, des Fischleders und der Bearbeitungsprozesse nicht überschätzt werden.
Ausgangspunkt aller Arbeiten in dieser Ausstellung ist das Material Wolle, welches seit fast 20 Jahren in den Mittelpunkt ihrer künstlerischen Schaffenstätigkeit gerückt ist. Dabei bearbeitet sie Wolle in allen möglichen Zuständen, unverarbeitet ursprünglich, also direkt vom Schaf geschoren bis hin zu fein kadierten Wollen, für feinste, hauchdünne Filze. Filz besteht aus einem chaotischen Fasergewirr von Haaren. Es werden tierische Haare gewalkt und durch Wasser, Wärme und Druck unentwirrbar miteinander verfilzt. In vielen Arbeitsschritten lassen sich Fasern verschiedener Herkunft, in erster Linie Schafwolle, aber auch Haare von Ziegen, Hunden, Hasen, Pferden, Yaks und auch von Menschen, zusammen verarbeiten.
Und Filz ist ein jahrtausendealter, in der Menschheitsgeschichte verankerter Werkstoff, der heute in der Moderne angekommen ist. Filz ist ein Stoff, der Stabilität suggeriert, aber gleichzeitig potenziell labil ist. Er ist ein großer Isolator, er dämpft Lärm – z.B. Schritte –, er schützt und bewahrt Wärme. Irene Reinhardt nutzt diese Eigenschaften und verwandelt Wolle, Seide und andere Materialien in Filz, der die Raumakustik deutlich verbessert.
Sie arbeitet in Ihrem kleinen Atelier, das durchaus manchmal auch in die freie Natur verlegt wird, ganz ohne Werkzeuge, nur mit der Kraft ihrer Hände. Die Hände berühren jede Faser und mit Einfühlungsvermögen und Energie wird die Wolle in jede gewünschte Form gebracht. Sie leitet dabei die Energie ihrer arbeitenden Hände direkt in das entstehende Werk. Ohne Unterbrechung – zur Erkundung der Materialien und ihrer Eigenschaften – bis zur Vollendung des Werkes, setzt sie immer wieder ihre Hände formgebend ein. Dabei entsteht aus dem Chaos der losen Faserbüschel der Wolle am Ende des Schöpfungsprozesses ein klar geformter Gegenstand. Sie überlagert Schichten der eigenen Gedankenwelt mit den einzelnen Schichten der Wolle und entwickelt diese weiter, hält dabei aber stets die Balance zwischen einer konzeptionellen Strenge und der formalen Willkür ein, ohne Gefahr zu laufen in etwas Unverbindlichem abzugleiten. Eine Metamorphose – höchst natürlich. Das macht ihre Objekte aus geformter Wolle, die Sie auf vielfältige Art und Weise mit Fischleder in Berührung bringt, in meinen Augen so bedeutungsvoll. Der besondere Reiz ihrer Filzkunst wird hervorgehoben durch die archaische Kulturtechnik des Filzens und der Verarbeitung des in alter isländischer bzw. sibirischer Tradition hergestellten Fischleders, die sie immer wieder mit modernen Vorstellungen ganz wunderbar
verbindet und vollendet.
Und an dieser Stelle möchte ich gerne festhalten: Vor ihr ist nichts sicher. Sie kann alles verfilzen!
Gerne nimmt uns, verehrte Kunstfreunde, im Anschluss an meinen Ausführungen die Künstlerin mit auf eine kleine FILZ-Reise zu Ihren Werken der Ausstellung – zu Filz und Fisch – hier in der Kunstgalerie Altes Rathaus.
Beispielhaft möchte ich an dieser Stelle Ihre Blicke auf das Werk „Moos „felt““ leiten. Bitte beachten Sie das versteckte feinsinnige Wortspiel: felt mit fränkisch hartem „d“ ist die englische Übersetzung für Filz.
Wir nähern uns behutsam diesem schon fast irisierenden Feld. Erdverbunden, aus der Natur kommend findet sich ein Feld (mit weichem „d“) aus Steinen im Raum. Stein, wie wir ihn kennen ist normalerweise hart, wird hier aber von der Künstlerin ins Gegenteil gekehrt. Aus weichem Filz gefertigt, ergibt sich ein (überraschender) spannungsvoller Kontrast zu den eigenen Erfahrungen. Man möchte sich hinein bewegen, sich bequem niederlassen und verweilen. Die Oberfläche erzeugt die Wirkung einer von Moos überzogenen Schicht.
Durch dieses Objekt wird der vorhandene Raum in seiner ganzen Dimensionen einbezogen. Er stellt Möglichkeiten der Nutzung dar und durch die Bodennähe leitet es uns gekonnt zu stehenden, hängenden, frei schwebenden Objekten über. Und wen überrascht es noch nach diesen ausdrucksvollem „Moos-felt“ – alles aus geformter Wolle.
Jede der hier in Schwarzenbach gezeigten Arbeiten stellt ein Einzelstück dar, welches sich in
seiner individuellen Form zeigt und seine Farbgebung entfaltet.
Deshalb
… berühren Sie vorsichtig die sensiblen Werke mit Ihren Augen und
… überlassen Sie sich eine Weile den Emotionen der Künstlerin …
… tauchen Sie ein und spüren Sie Haut.Nah
Es ist ein Vergnügen sich auf vermeintlich leichte Filzkunst einzulassen.
Filzkunst kommuniziert, bewegt. Filzkunst dekoriert, sie erschafft lebende Räume, überall dort, wo wir ihr begegnen. Viele Menschen die erstmals mit Filzkunst in Berührung kommen, sind immer wieder erstaunt, wenn sie die Filzkunstobjekte mit ihren Augen berühren dürfen. Ihre Zartheit, ihre Variabilität, ihre Flexibilität, ihre Dynamik schaffen Überraschungsmomente und nachhaltige Erinnerungen. Berühren und umfassen Sie ein Objekt mit Ihren Augen, schließen Sie die Augen und schaffen Sie sich ihr persönliches Erlebnis. Wenn Sie dann das Objekt loslassen und die Augen öffnen, hält dieses Erlebnis noch eine Weile an. Sicherlich ein wenig mystisch, aber ich glaube, dass wir Kunst wohl nicht authentischer erleben können.
Wenn es der Künstlerin in dieser gelungenen Ausstellung, in der Sammlung von Eindrücken gelingt, auch nur ein wenig unsere Sinne zu erwecken, können wir glücklich sein.
Es macht unser Leben reicher wenn wir diese Bilder und Emotionen immer wieder abrufen.
Es macht uns selbst unendlich sensibel für weitere Erfahrungen und Erlebnisse.
Um meine kurzen, sehr persönlichen Betrachtungen, abzuschließen: Irene Reinhardts Kunst ist für mich ganz Eigen. Ganz archaisch, ganz anrührend, ganz autark – eben wie sie selbst als Persönlichkeit. Man darf eigentlich nicht darüber reden, sondern Ihre Kunst erleben, mit den eigenen Augen, mit den eigenen Sinnen und aber gerne auch im Gespräch mit ihr.
Liebe Kunstfreunde! Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Begegnen, Entdecken und Erleben der Filzkunst, sowie viel Freude und zahlreiche Inspirationen beim Rundgang durch die Ausstellung FILZ und FISCH: Haut.Nah!
Ausstellungseröffnung 12. Januar 2018 – Karlheinz Kipke
— es gilt das gesprochene Wort —