Worte zur Ausstellungseröffnung
Erde und Wasser bilden den Stoff, der Angelika Kühn von Hintzenstern die Möglichkeite bietet, ihren künstlerischen Gestaltungswillen umzusetzen.
Ton – weich, geschmeidig oder porös und spröde doch immer formbar. Das Vorbereiten des Tons vor dem kreativen Tun erfordert Kraft, den Ton schlagen, verdichten, schneiden, in den Händen halten. Das Auswalzen der Tonplatten.
Für die Künstlerin war, seit sie mit dem Material Ton arbeitetet, schnell klar, dass für sie der größte Reiz im Aufbau von Gefäßen, in der Gestaltung von Gefäßskulpturen aus flach gewalztem Ton liegt.
Die vorgegebene Symmetrie gedrehter Gefäße, bietet zu wenig Spielraum für ihre Ideen, engt sie ein.
Die Tonplatten möglichst dünn ausgerollt, mit Schlick verbunden, lässt eine schier unendliche Formenvielfalt zu. Ausgehend von schlanken vierkantigen Flaschen, Kastenformen, Dosen, dreikantigen Vasen wurden die Gefäße, die die Künstlerin schuf immer experimenteller.
Über die Jahre eroberten sich ihre Gefäßskulpturen mehr und mehr Freiheit. Da ragen einerseits turmartige vierwandige Gebilde in den Raum. Die Öffnung durch einen Deckel verschlossen, darauf kleine Elemente, einem Kopfschmuck gleich. Geheimnisvoll. Stehen wir vor einem Schrein Welche Kostbarkeit wird hier verborgen? Oder sind es stlisierte Figuren? Wächter einer unsichtbaren Welt. Welcher Geschichte, welchem Traum, welchem Märchen sind sie entsprungen?
Andererseits stehen wir vor flächig anmutenden Gebilden, es könnten Schilde sein, geschmückt, verziert mit Strukturen und Farben. Beim Näherkommen entdecken wir – auch das sind Gefäße. Schmale Seitenstege verbinden Vorder- und Rückwand. Der spielerische Bruch mit Gewohntem begegnet uns in den gezeigten Werken immer wieder. Beispielsweise sind Vorder- und Rückwand nicht zwingend deckungsgleich, eine weiter nach oben reichende Rückwand, inwändig mit dunkler Glasur versehen, wirkt wie ein Schlagschatten.
All diesen Objekten ist gemein, dass der Zweck, Behältnis zu sein, zurücktritt hinter der künstlerischen Form, der Freude am Ausloten von Grenzen, Erfinden, Entdecken.
Die Oberflächen mal glatt mit zarten Strukturen, Spuren gleich, mal schrundig, wie zerklüfteter Fels. Oder reliefartig, übereinandergeschichtetet Tonsplitter und -platten bilden Muster, Strukturen, formen sich zu Figuren – alles erzählt…
Neben den Gefäßskulpturen enstehen Boote oder Barken. Diese an Symbolkraft so aufgeladene Form. Waren es doch nach dem Glauben unserer Vorfahren Barken, die Mond und Sonne über den Himmel gleiten ließen. Um über den Fluß Styx zu gelangen, braucht es ein Boot. Das Boot somit als Zeichen des Überganges vom Leben zum Tod, des Ablegens, des Ankommens, des Aufbrechens. Ein Sehnsuchtsmotiv. Wir denken an die Odysseus…
Verstärkt wird die mythische Komponete durch die schmuckvollen, oft vergoldeten Elemente an Bug und Heck. Sie beflügeln die Phantasie des Betrachters.
Auch in der Fläche, in kleinen kachelartigen Reliefs, lässt uns die Künstlerin an ihrem Blick auf die Welt teilhaben. Landschaften, reduziert auf schwarzbraune Linien und Flächen.
Aus der Vogelperspektive auf Grundrisse längst vergangener Bauwerke, Siedlungen. Archaische Muster über die der Blick wandert.
Die Farbigkeit der Objekte ist zurückhaltend, zum einen erdige Töne, das Material betonend zum anderen zartes transparentes Türkis bis grün, ein Hauch von Gold über feingliedrigen Strukturen. Meist arbeitet Angelika Kühn mit Engoben, flüssigen Erden, die einen malerischen Umgang beim Auftrag zulassen. So zurückhalten die Farbigkeit so kraftvoll und impulsiv der Schwung beim Aufbringen der Farbe. Allein diese Flächen könnten als Motve für sich allein stehen.
Um Tone, Farben, Strukturen dauerhaft miteinander zu verbinden, braucht es Luft und Feuer.
So enstehen unter dem Zusammenwirken der vier Elemente Erde, Wasser Luft, Feuer und der Kreativität und dem handwerklichen Können Angelika Kühn von Hintzensterns, diese vielfältigen reizvollen und in ihrer Formensprache einzigartigen Keramiken, die wir in der Ausstellung im alten Rathaus bewundern können.