„Farbholzschnitte auf Leinwand“

„Farbholzschnitte auf Leinwand“ / Arbeiten von Bernd Romankiewitz, Bayreuth // Vernissage: 27. April 2018 / Ausstellungsdauer: 29. April bis 10. Juni 2018 // Bildausschnitt: Ohne Titel | 2016 | 30 x 30 cm Farbholzschnitt / Leinwand // www.bbk-oberfranken.de


Bernd Romankiewitz

Sein künstlerisches Schaffen hat immer etwas mit der Person des Künstlers zu tun. Der Künstler will aber alles andere als Zweideutigkeit erzielen. Er macht vielmehr Dinge sichtbar, die von anderen Menschen nicht oder so nicht gesehen werden können. So vielschichtig, wie die Persönlichkeit des Künstlers ist, zeigt sich dann auch ihre Kunst.

Er schreibt im Katalog des BBK: „Seit Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema ‚Botanik’. Ausgangspunkt der Arbeiten sind Schattenbilder von Pflanzen und Blättern …“
Ihn beschäftigt dieses Thema, denn Botanik ist natürlich auch ständiges Werden und Vergehen und damit: Zeitbetrachtung.

Er versucht natürlich in keiner Weise, ein Botaniker zu sein. Jeder weiß, dass frühere Expeditionsleiter wie etwa Alexander von Humboldt von hochtalentierten Zeichnern begleitet wurden, die die Botanik fremder Welten zeichnerisch verewigten. Romankiewitz macht genau das Gegenteil: Er löst die floralen Elemente seiner Pflanzen und Blätter auf. Nur in wenigen Fällen kann man noch erahnen, welche Pflanzen dem Bild als Vorlage gedient haben könnten. Außerdem benützt er Schwarz und Silber, Weiß und Anthrazit als Farben – also solche, die in der Natur so kaum vorkommen. Die Gegenstände mutieren zu abstrakten Formen und Flächen, allerdings ohne ihre florale Herkunft völlig zu verleugnen. Die Pflanzen von Bernd Romankiewitz vergehen nicht, sie legen nur ihre konkrete Gestalt ab, lassen ihre zeitliche Existenz hinter sich und treten uns als abstrakte Farbspiele gegenüber. Und zugleich erinnern sie uns daran, dass die Farbspiele einmal saftige, farbige, blühende Pflanzen waren.
Auch hier Vergänglichkeit?

 


Eröffnung der Ausstellung am 27. April 2018
Einleitende Worte: Philipp Schramm M.A., Kunsthistoriker

Heute wird mir die Ehre zuteil, aus Anlass der Eröffnung der Ausstellung von Bernd Romankiewitz einige Worte zum Künstler und seinen Arbeiten sprechen zu dürfen. Keine schwere Aufgabe. Ich folge der Empfehlung von Jean Paul ‎aus seiner Vorschule der Ästhetik: „Es ist sehr leicht, mit einigen abgerissenen Kunsturteilen ein Kunstwerk zu begleiten, d.h. aus dessen reichem gestirnten Himmel sich Sterne zu beliebigen Bildern der Einteilung zusammenzulesen.“

‎Eine Blütenlese aus dem Kosmos des Bernd Romankiewitz finden wir heute in der Galerie in Schwarzenbach. Wenn wir dem Hinweis der Jean Paulschen Wendung der „abgerissenen Urteile“ folgen, gelangen wir zu einem Zentralmotiv dieser Ausstellung – dem Blatt. Kalenderblätter werden abgerissen. Heute Nacht oder morgen Früh wird den 27. April 2018 dieses Schicksal ereilen. Die Vehemenz mit der sich der Frühling gerade ins Zeug legt, lässt die Frage, was den Blättern der Bäume geschieht, wenn sie sich vom Zweig gelöst haben, nicht so drängend erscheinen. Es liegt in der Natur der Dinge, dass diese Frage dennoch immer mitschwingt.

Bernd Romankiewitz besuchte die Kunstakademie in Düsseldorf in den Achtziger Jahren. Die Bundesakademie Wolfenbüttel war eine weitere Station in den Neunziger Jahren. Er hat an den Volkshochschulen in Bayreuth und in Syke Malerei und Drucktechnik unterrichtet. Stipendienaufenthalte in Österreich 1985/86/87 und Slowenien 1986/87/91 hielten ihn mit europäischen Kunstentwicklungen in Kontakt. 1997 arbeitete er in einem Atelier im Künstlerhaus Schloss Plüschow in  Mecklenburg-Vorpommern. Seine Bilder waren in Ausstellungen und Galerien in der Türkei, in Tschechien, in China, Japan und Süd-Korea zusehen.

Mitte der Achtziger Jahre entwickelte Bernd Romankiewitz seine Leidenschaft für Drucktechniken – Radierungen und Holzschnitte. Zu diesem Zeitpunkt hatte er schon lange seine große Leidenschaft für die Musik entdeckt. Der Künstler Bernd Romankiewitz ist auch der Musiker Bernd Romankiewitz. Als Bassist ist er für Rhythmus und Begleitung zuständig. Freilich spielt er auch Solos. Seitdem er in dem Jazzquartett Klangkoordination die Saiten zupft, sind seine Qualitäten in der freien Improvisation mehr gefragt denn je.

Eben diese Qualität, aus einer Fülle von möglichen tonalen Lösungen die stimmige und harmonisch-reizvolle zu finden, ist auch bei Holzschnitten in der Kunstgalerie Altes Rathaus heute in Schwarzenbach an den Wänden greifbar. Wenn es bei den großen Jazzstandards einen Realbook-Klassiker gibt, dessen Motiv heute in dieser Galerie mitswingt, dann sind es die „Feuilles mortes“ von Jacques Prevert, die als „Autumn Leaves“ in der Fassung von Johnny Mercer und Joseph Kosma Weltkarriere machten.

Das Paradox, dass ein Lied über welke Blätter zum Evergreen wurde, mag jene verwundern, die in den Manifestationen der Vergänglichkeit nur ein Menetekel erkennen können. Bernd Romankiewitz aber entdeckt und interpretiert für uns eine Fülle von Aspekten. Der Wehmut über die Endlichkeit verdanken wir die Anregung zu der tiefsinnig-lyrischen Literaturform der Elegie. In den 23 Bildern dieser Ausstellung finden wir 23 Verse einer solchen Elegie. Sie variieren das große Motiv der Metamorphose.

Vielleicht finden Sie in der Bibliothek des Vergessens, in den Buchobjekten von Bernd Romankiewitz, einen Hinweis zur Interpretation der Farbholzschnitte.

In Goethes Elegie über die Metamorphose der Pflanzen finden sich hierzu folgende Zeilen:
„Und hier schließt die Natur den Ring der ewigen Kräfte;
doch ein neuer sogleich fasset den vorigen an,
dass die Kette sich fort durch alle Zeiten verlängere
und das Ganze belebt, so wie das Einzelne, sei.“

Bernd Romankiewitz, geboren 1953 in Ochsenholz in Oberfranken, wird seine poetischen Drucke in diesem Jahr in Bremen, Sommerhausen, Eisenstadt und Bayreuth zeigen und in der wunderbaren Kunstgalerie Altes Rathaus in  Schwarzenbach an der Saale. Viel Vergnügen all jenen, die sich die Freude der Begegnung mit der Kunst von Bernd Romankiewitz gönnen.


„Bibliothek des Vergessens“

Zwischen dem Arbeiten an den Holzschnitten werkelt Bernd Romankiewitz an seiner „Bibliothek des Vergessens“ (Arbeitstitel).
Ca. 200 „Kunstbücher“ sind in den vergangenen 30 Jahren dabei entstanden: „Bücher werden geschrieben, gelesen und wieder vergessen“.
Der Künstler verschließt die Bücher mit Fäden, verschraubt sie, verklebt sie mit Pflaster, umwickelt sie mit Mullbinden und versiegelt sie mit Farbe.
So werden sie Sinnbilder von schlummerndem Wissen und Erinnerungen.
Es sind zugebundene, zugeklebte Bücher, die nicht mehr gelesen werden können, gefesselt und nicht mehr zu öffnen.
Erst im Zeitalter von Amazon und E-Books wird einem dieses Projekt einer speziellen Vergänglichkeit richtig bewusst.